Seit dem 19. Jahrhundert werden ganze Dächer sowie Verbindungen von Bauteilen an den Gebäudehüllen mit Blech ausgeführt. Blecheinfassungen von Kamindurchführungen oder Anschlüsse von Dachflächen an Fassaden sind sehr dicht.
Mit der Erfindung des Blitzableiters um 1750 entstehen für das Spenglerhandwerk neue Aufgabenbereiche. Ein Blitzableiter schützt nicht nur vor Feuer. Kunstvoll gestaltet wird er auch zum Dachschmuck. [Abb. 1]
In den Anfangsjahren ist die moderne Schutzmassnahme umstritten. Kritiker behaupten, dass Blitzableiter die natürlichen Spannungsverhältnisse der Atmosphäre beeinflussen und Regen anziehen. Sie machen die Erfindung verantwortlich für auffallend schlechte Ernten infolge von regenreichem Wetter zu Beginn des 19. Jahrhunderts.
Theologisch motiviert ist der Vorwurf, sich mit Blitzableitern Gottes strafender Gerechtigkeit zu entziehen.
Für historische Spenglerarbeiten wird Bleiblech oder verzinktes Eisenblech verwendet. In der Regel wird das Eisenblech zusätzlich mit einer Rostschutzgrundierung und einem Deckanstrich versehen. [Abb. 2]
Das Blechdach erhält im 19. Jahrhundert durch den Anbau von Sticklokalen und Remisen mit Flachdach oder Dächern mit schwacher Neigung einen Aufschwung. Auf den flachen Dächern werden Wäschehängen installiert. [Abb. 3]
Ursprünglich mit Holzschindeln eingedeckte Kirchtürme und Turmhauben werden mit Zink- oder Kupferschindeln sowie Kupferblech verkleidet. [Abb. 4] [Abb. 5]
Bei neuen Bauaufgaben kann ein Dach mit Blechschindeln zu einer feinen Erscheinung und guten Integration ins Dorfbild beitragen.[Abb. 6]
Heute stehen korrosionsbeständige Bleche und Bauteile aus Kupfer, Kupfer-Titan-Zink und Chromstahl zur Auswahl.
Grössere und unregelmässige Blechflächen werden in Bahnen aufgeteilt und mit Fälzen verbunden. Fälze stabilisieren die Bleche und verhindern diese bei Sonneneinstrahlung und Abkühlung das Bauchen und Reissen. Es wird zwischen einfachen- und doppelten Fälzen in stehender und liegender Ausführung unterschieden. Sie teilen die Fläche auf und passen sich so der Geometrie historischer Fassadengestaltungen an.[Abb. 7] [Abb. 8]
Die Bleche müssen auf eine gleitfähige Unterlage montiert werden. So werden Abnützungserscheinung durch Reibung vermieden.[Abb. 9]
Ortrinnen bilden den Übergang von der Dachfläche zum Ortbrett. Sie tragen zur Sturmsicherung bei, weil sie die Ziegelkante vor direkter Windbelastung schützen. Bei nicht rechtwinkligen Dachformen können Ziegel nach Bedarf angeschnitten werden. Die Ortrinne verdeckt die Schnittflächen. [Abb. 10]
Dachrinnen müssen zur Sicherstellung des Wasserabflusses mit Gefälle montiert werden. Bei grossen Dächern kann zur Vermeidung grosser trapezförmiger Traufbleche das Gefälle verkleinert und der Rinnenquerschnitt vergrössert werden. So bleibt der Wasserabfluss gewährleistet. [Abb. 11]
Ein Anschlussblech wird auch Brustblech genannt. Der Anschluss an eine Wand oder einen Dachaufbau muss so hoch ausgeführt werden, dass liegender Schnee nicht zu lange mit der darüber liegenden Verkleidung in Berührung kommt. Bei hinterlüfteten Konstruktionen muss auch bei Schnee der Lufteintritt gewährleistet sein.[Abb. 12]
Wandanschlüsse in Längsrichtung werden bei Biberschwanzziegeln mit so genannten Noquettes, Nockenblechen oder Steckblechen ausgeführt. Sie gewährleisten bei Ziegeln ohne Falz eine dichte Verbindung zwischen Ziegelreihen und Brustblech.
Seit Ende des 19. Jahrhunderts werden geschindelte Abwürfe über Fensteröffnungen und Sockelmauern durch Holzsimse mit Blechverkleidung ersetzt. Die Bleche sind an der Vorderkante mit einem Wulst oder einer Abkantung versehen. Diese stabilisieren die Blechbahn und dienen als Tropfkante. Holzsims und Blechwulst/Abkantung bilden zusammen eine Profilierung, die ähnlich fein erscheint wie Holzleisten mit Hohlkehle, Viertelstab oder Karnies-Profil. [Abb. 13] [Abb. 14]
Metallbauteile und Bleche sollen nicht glänzend ausgeführt werden. Damit wird eine gute Einfügung ins Gesamtbild erreicht.
Die Gaube ist ein Dachaufbau zur Belichtung und Belüftung eines Dachraums. Es wird zwischen Giebel- und Schleppgauben unterschieden.[Abb. 15] [Abb. 16]
Bei kleinen Gauben können die Dachfläche und die Seiten mit Blech verkleidet werden. Bei grösseren Gauben wird für die Bedachung dieselbe Eindeckung wie beim Hauptdach verwendet. Die Seitenflächen werden mit einem Schindelschirm oder einer Schalung verkleidet.[Abb. 17]
Das Brustblech verbindet bei Dachgauben die Fensterbrüstung und die Seitenflächen mit der Dachhaut. Bei Gauben auf Ziegeldächern soll zwischen Dachrinne und Brüstung mindestens eine Ziegelreihe durchgeführt werden. Damit wird eine gute optische Einfügung der Gaube in die Dachfläche erreicht. [Abb. 18]
Das Ochsenauge ist die kleinste Version einer Gaube. Es besteht aus einem Karnies- oder Rundbogen. Ochsenaugen stülpen sich wie Schleppgauben aus dem Hauptdach heraus oder sind ganz mit Blech eingefasst. [Abb. 19] [Abb. 20]
Historische Kamine sind gemauert und verputzt. Die Durchdringung der Dachhaut wird mit einem Brustblech abgedichtet. [Abb. 21]
Seit einigen Jahren werden Kamine oft ganz mit Blech verkleidet. Damit sollen Kosten für Verputzarbeiten und die Gefahr von undichten Anschlüssen vermieden werden. Die Blechverkleidung kann dazu führen, dass wegen der grossen Temperaturunterschiede Kondenswasser zwischen gemauertem Kaminzug und der Blechverkleidung entsteht. Weil die Blechverkleidung dies verdeckt, werden Schäden meistens zu spät festgestellt. Die Folge sind hohe Reparaturkosten. Mit Blech verkleidetet Kamine wirken auf historischen Dächern oft grob und unpassend. [Abb. 22]
Neue Kamine von Gas- oder Holzheizungen können auch als Rundkamine oder Kamine mit quadratischen Querschnitten ausgeführt und mit Blech verkleidet werden. Um sie nicht zu technisch wie Auspuffrohre von Motorfahrzeugen, aussehen zu lassen, ist es angemessen, einen oberen Abschluss in Form eines Dächleins auszubilden. [Abb. 23] [Abb. 24]
Ist ein Dächlein für einen ungehinderten Abzug der Rauchgase hinderlich, kann auch ein Blechring montiert werden.
Stallentlüftungen führen feuchte und warme Luft aus Stall und Heustock ab. Sie ähneln in ihrer Erscheinung Kaminen, sind aber als leichte Holz- oder Blechkonstruktionen gebaut. Giebel- oder Tonnendächlein schützen die Öffnung vor Regen. Die Dachdurchdringung der Entlüftung wird wie beim Kamin mit Brustblech ausgeführt. [Abb. 25]
Seit Ende des 20. Jahrhunderts werden bei Neu- und Altbauten Ortbretter mit Blech verkleidet. Damit sollen die Unterhaltsarbeiten am Holz und am Farbanstrich vermieden werden. Die Blechverkleidung kann dazu führen, dass wegen der grossen Temperaturunterschiede Kondenswasser zwischen Ortbrett und Blechverkleidung entsteht. Weil die Blechverkleidung dies verdeckt, werden Schäden meistens zu spät festgestellt. Die Folge sind hohe Reparaturkosten. [Abb. 26] [Abb. 27]
Mit Blech verkleidetet Ortbretter wirken auf historischen Dächern oft grob und unpassend. Bei Dachkonstruktionen mit Ortrinnen kann das Ortbrett in zwei Teile aufgeteilt und das obere Brett mit Blech verkleidet werden, wenn die Konstruktionshöhe nicht höher als 12 cm beträgt.
Entlüftungsrohre von Sanitärräumen und Abwasserleitungen erscheinen auf dem Dach wie kleine Kamine. Für eine gute Eingliederung sollten sie mit Blech verkleidet sein. Kunststoffrohre wirken unpassend.
An Bauernhäusern werden bis zu Beginn des 20. Jahrhunderts Schneefänge in Form von Metallhaken mit eingehängten jungen Holzstämmen montiert. An Dorfhäusern und Fabrikantenhäusern kommen Konstruktionen mit Schneefanggittern oder Konsolen mit einem bis zwei Rohren zum Einsatz. [Abb. 28] [Abb. 29] [Abb. 30]
Bei steilen und grossen Dächern bremsen in die Ziegel eingehängte Metallstopper aus abgekanteten Blechstreifen die Schneemassen zusätzlich. [Abb. 31]
Es können auch Herzfalzziegel verlegt werden. Dort übernehmen in der Ziegelmitte angebrachte erhabene Rauten das Abrutschen von Schneemassen. [Abb. 32]
Oft werden Blitzableiter neben den technisch notwendigen Stangen und Erdungskabeln mit zusätzlichen Zierelementen wie Messingspitzen bestückt. Sie sind Gebäudeschmuck und oberster Abschluss des Daches.
Blitzableiter sind für den Schutz von Häusern nicht mehr notwendig. Heute werden die am Haus vorkommenden Metallteile wie Dachrinnen und Ablaufrohre sowie Blechdachteile mit Kupferdrähten verbunden und geerdet.
Als Dachschmuck und Hinweis auf die Zeiten ohne Blitzschutz gehören sie aber wie andere typische Bauelemente zu historischen Häusern.
Auf öffentlichen Bauten und Fabrikantenhäusern zieren auch Kugeln und Windfahnen das Dach. Sie werden mit den Blitzableitern kombiniert und sind dekorativer Abschluss und Verfeinerung des Firstes. [Abb. 33] [Abb. 34]
Dachverzierungen können auch dort eingesetzt werden, wo eine Liftüberfahrt die Dachfläche durchdringt und ein mehr als ein den technischen Anforderungen genügender Abschluss gefunden werden muss. [Abb. 35]
Hermann, Isabell. Die Bauernhäuser beider Appenzell. Herisau: Appenzeller Verlag, 2004.
Stoller, Peter. Geneigte Dächer; Fachkunde für Dachdecker. Treiten: Grafitex Verlag, 2011.
Waller, Henri. Das Dachdeckerhandwerk in der Schweiz. Uzwil : Gebäudehülle Schweiz, 2017 (1931).
unterschiedliche Blitzableiter, Speicher, 2023.
E-Nachschlagewerk für das Bauen and historischen Häuser, Foto: Fredi Altherr
Blechdach N-Seite Rechberg, Wald
Kantonale Denkmalpflege Appenzell Ausserrhoden / 14-0069-10-0006
Blechdach, Teufen, 2023.
Kantonale Denkmalpflege Appenzell Ausserrhoden / 08-0238-22-0005
Kirchturm Ref. Kirche, Teufen, 2023.
Kantonale Denkmalpflege Appenzell Ausserrhoden / 02-0001-22-0011
Türmlihaus Schopfacker, Trogen, 2023.
Kantonale Denkmalpflege Appenzell Ausserrhoden / 12-0074-06-0003
Nebengebäude Dorfkirche, Herisau, 2023.
Kantonale Denkmalpflege Appenzell Ausserrhoden / 02-0001b-22-0001
Blechfälze, 2023.
E-Nachschlagewerk für das Bauen and historischen Häuser, Zeichnung: Moritz Wick
stehender Falz Egg, Schwellbrun, 2023.
Kantonale Denkmalpflege Appenzell Ausserrhoden / 03-0081-19-0051
liegender Falz Hauptstrasse, Speicher, 2023.
Kantonale Denkmalpflege Appenzell Ausserrhoden / 11-0044-22-0002b
Ortrinne mit Abkantung über Ortbrett-Oberkante, Hinterdorf, Trogen, 2023.
Kantonale Denkmalpflege Appenzell Ausserrhoden / 12-0032-16-0041
Traufblech und Rinne mit Gefälle, Wäldlerstrasse, Trogen, 2023.
Kantonale Denkmalpflege Appenzell Ausserrhoden / 12-0045d-17-0002
Anschluss mit Hinterlüftung, Berg, Trogen, 2023.
Kantonale Denkmalpflege Appenzell Ausserrhoden / 12-0138-09-0294
Sims mit Wulst, Rosenegg, Hundwil, 2023.
Kantonale Denkmalpflege Appenzell Ausserrhoden / 04-0004-13-0011
Fensterdächlein mit Blech abgekantet, Oberdorfstrasse, Herisau, 2023.
Kantonale Denkmalpflege Appenzell Ausserrhoden / 02-0211-12-0216
Giebelgaube, Cilanderstrasse, Herisau, 2023.
Kantonale Denkmalpflege Appenzell Ausserrhoden / 02-1254-20-0027
Schleppgaube, Landsgemeindeplatz, Trogen, 2023.
Kantonale Denkmalpflege Appenzell Ausserrhoden / 12-0006-21-0001b
Gaube mit Schindelschirm Cilanderstrasse, Herisau, 2023.
Kantonale Denkmalpflege Appenzell Ausserrhoden / 02-1254-20-0006
Gaube mit Brustblech und durchgehender Ziegelreihe, Kirchplatz, Heiden, 2023.
Kantonale Denkmalpflege Appenzell Ausserrhoden / 16-0849-17-0009
Ochsenauge in Blech Kirchplatz, Heiden, 2023.
Kantonale Denkmalpflege Appenzell Ausserrhoden / 16-0851-22-0002
Ochsenauge mit Ziegeleindeckung, Krombach, Herisau, 2023.
Kantonale Denkmalpflege Appenzell Ausserrhoden / 02-2001-10-0039
Kamin mit Brustblech Herbrigsteig, Speicher, 2023.
Kantonale Denkmalpflege Appenzell Ausserrhoden / 11-0164-19-0013
Kamin mit Blechverkleidung Zwislenstrasse, Gais, 2023.
Kantonale Denkmalpflege Appenzell Ausserrhoden / 10-1461-22-0004
Kamin mit Blechverkleidung gefälzt und Dächlein Holderenstrasse, Rehetobel, 2023.
Kantonale Denkmalpflege Appenzell Ausserrhoden / 13-0004-18-0020
Rundkamin mit Ringen,2023.
E-Nachschlagewerk für das Bauen and historischen Häuser, Foto: Fredi Altherr
Stallentlüftung mit Tonnendächlein, Möser, Gais, 2023.
Kantonale Denkmalpflege Appenzell Ausserrhoden / 10-0345-22-0014
Ortrinne und Ortbrett mit Blechverkleidung Hinterdorf, Trogen, 2023.
Kantonale Denkmalpflege Appenzell Ausserrhoden / 12-0032-16-0041
vollständig eingepacktes Ortbrett Wienacht, Lutzenberg, 2023.
Kantonale Denkmalpflege Appenzell Ausserrhoden / 18-0007-10-0003
Schneefang mit Holzstämmen Unterdorf, Schönengrund, 2023.
Kantonale Denkmalpflege Appenzell Ausserrhoden / 06-0016-14-0010
Schneefanggitter, Landsgemeindeplatz, Trogen, 2023
Kantonale Denkmalpflege Appenzell Ausserrhoden / 12-0006-21-0001b
Schneefang mit Rohren, Wäldlerstrasse, Trogen, 2023.
Kantonale Denkmalpflege Appenzell Ausserrhoden / 12-0045d-17-0010b
Ziegeldach mit Gittern und Metallstoppern, Schützenstrasse, Herisau, 2023.
Kantonale Denkmalpflege Appenzell Ausserrhoden / 02-1504-22-0001
Herzfalzziegel, Nasen, Rehetobel, 2023.
Kantonale Denkmalpflege Appenzell Ausserrhoden / 13-0586-19-0001
Blitzschutz, Dorf, Speicher, 2023.
Kantonale Denkmalpflege Appenzell Ausserrhoden / 11-0018-18-0001
Windfahne Dorfplatz, Gais, 2023.
Kantonale Denkmalpflege Appenzell Ausserrhoden / 10-0160
Kugel Ebnetstrasse, Herisau, 2023.
Kantonale Denkmalpflege Appenzell Ausserrhoden / 02-1508-22-0002b