E-Nachschlagewerk für das Bauen an historischen Häusern
E-Nachschlagewerk für das Bauen an historischen Häusern
11 Türe
11 Türe
Überblick
Geschichte
Konstruktion
Gestaltung
Überblick
Eingang

Haustüren sind bewegliche Wandteile. Sie ermöglichen den Zugang zum Haus, ohne die schützende Hülle zu schwächen. Für heutige Ansprüche an Sicherheit, Komfort und Energiehaushalt sind an historischen Türen angemessene Veränderungen notwendig.

 
Geschichte
Ausdruck

Vorgänger der Türen sind Steine, die vor Höhlen gerollt werden. Die frühesten Blockhäuser betreten Menschen und Tiere durch dieselbe Türe. Mit der Aufteilung in Wohnhaus, Stall und Scheune erhalten Türen eigenständige Merkmale. Zu den technischen Anforderungen kommen Ansprüche an den Ausdruck.

Wohnhaus

Bei frühgeschichtlichen Bauten weisen Kultgegenstände über oder neben dem Eingang auf die Bedeutung der Bewohner:innen hin. Auch heutige Türen sind Ausdruck des Selbstverständnisses. [Abb. 1] Meist sind es gestemmte Holztüren mit oder ohne Glasausschnitt. Die Türbeschläge wie Drücker, Türschild, Scharniere und Fenstergitter sind auch Zierelemente. [Abb. 2]

[Abb.1]

Türe gestemmt 2-teilig, Nord 5, Rehetobel

[Abb.2]

Türe radial genutet, Schwantleren 23, Gais

Verglasungen

Bei grossen Geschosshöhen werden neben Glasausschnitten im Türblatt auch Fenster über der Türe angeordnet. Bei Fabrikantenhäusern kommen Sturzverzierungen mit Wappen oder Kartuschen, so genannte Supraporten, zum Einsatz. [Abb. 3] [Abb. 4]

[Abb.3]

Türe mit Oblicht, Huebstrasse 34, Herisau

[Abb.4]

Supraporte, Schopfacker 16, Trogen

Stallscheune

Stalltüren sind zweigeteilt. Die obere Türhälfte kann offenbleiben, um Licht und Luft einzulassen. Die untere Türhälfte hält das Vieh im Stall. Die Türhälften sind glatte Türen mit vertikalen Brettern und horizontalen Gratleisten. Neben der Türe zu einer Stallscheune sorgt ein Fenster unter demselben Sturzbalken für zusätzliches Licht. Getrennt sind Türe und Fenster durch einen einfachen Pfosten. [Abb. 5]

[Abb.5]

Türe Stallscheune mit Fenster, Auen 324, Hundwil

Tenn

Ein Tenntor ist zweiflüglig und verfügt meist über einen Heuladen. Dieser ermöglicht die Belichtung und Belüftung des Heustocks. Bis in die letzte Hälfte des 20. Jahrhunderts wird er auch zur Vergrösserung der Einfahrt für hohe Heufuder genutzt. [Abb. 6]

[Abb.6]

Tennstor mit Heuladen, Nord, Rehetobel

Fabrikantenhaus

Fabrikantenhäuser haben auch wegen ihren Portalen eine eigenständige Erscheinung. Die Türöffnung wird von einem verzierten Türgewände eingefasst. Stilistisch orientieren sie sich an antiken Vorbildern mit Säulen, die den Türsturz mit Schlussstein tragen. Auf den Schlusssteinen sind oft Baujahr und Initialen der Bauherrschaft dargestellt. [Abb. 7]

Die Türblätter sind aus Harthölzern wie Eiche oder Nussbaum und in anspruchsvoller Zierbauweise gefügt. Die Türbeschläge bestehen aus geschmiedetem Eisen und aus Messing.

[Abb.7]

Fabrikantenhaus mit Doppeltüre und verziertem Gewände, Landsgemeindeplatz 4, Trogen

Öffentliche Bauten
Hinweis

Die Eingänge in öffentliche Bauten sind oft von Treppenanlagen begleitet. Ihre Bedeutung innerhalb eines Dorfes soll damit angemessen dargestellt werden. Die Türöffnungen sind breiter als bei Wohnhäusern und deshalb oft mehrteilig.

[Abb.8]

Eingangsanlage Schulhaus, Poststrasse 15, Herisau

Konstruktion
Begriffe

Die Konstruktionsdetails machen die Türöffnung wasser- und winddicht. [Abb. 9]

[Abb.9]

Aussentüre mit Futter, Verkleidung und gestemmten Türblatt

01

obere Türverkleidung

02

oberes Türfries

03

oberes Türfutter

04

obere Türfüllung

05

seitliche Türverkleidung

06

mittleres Türfries

07

Türschild

08

unteres Türfutter

09

Türwetterschenkel

10

unteres Türfries

11

Türschwelle

Türe gestemmt

Haustüren bestehen aus Rahmenkonstruktionen mit Füllungen. Es sind oft einfache Konstruktionen aus Fichten- oder Eichenholz. Aufwändigere Türen bestehen aus einem Edelholzblatt aussen und einem inneren Doppel aus Fichtenholz.  [Abb. 10]

[Abb.10]

Haustüre gestemmt, Werdstrasse 34, Heiden

Verzug

Bei Haustüren verziehen sich die Türblätter und Türfutter oft. Grund sind die unterschiedlichen Temperaturen im Hausinnern und im Aussenraum sowie die Kombination unterschiedlicher Bauelement bzw. Materialien. Die Folge sind undichte Türen, Durchzug und Wärmeabfluss. Der Verzug kann durch Anpassungen an den Türbändern/-scharnieren oder den Ersatz durch passende Bänder mir 3D Verstellung ausgeglichen werden.

Bei der nachträglichen Montage einer Aufdopplung auf das bestehende Türblatt kann zwischen den Türhälften ein Antiverzugsbeschlag montiert werden. Dieser gestattet das künftige Ausgleichen von verzogenen Türblättern. [Abb. 11]

[Abb.11]

Antiverzugsbeschlag

01

Stellschraube

02

Stellmutter in Hülse

03

Ankerteil

04

Türblatt verzogen

05

Zug-/ Druckstange in Hülse

06

Aufdoppelung

Dichtigkeit

Eine weitere Möglichkeit ist die Montage von Türdichtungen. Direkt in den Türfalz aufgeklebte oder eingefräste Dichtungsprofile können die Türe schwächen und einen mässigen bis starken Druck auf die bestehende Konstruktion ausüben. Die Folge sind weitere Verformungen und Schäden.

Besser geeignet sind aussen aufgesetzte Profile mit Dichtungen, welche auf Leibung, Futter oder Rahmen montiert werden können. Sie können den Verformungen entsprechend angepasst werden und gleichen diese aus.

Dichtungsprofile in Form von so genannten Schlauchdichtungen zeigen die beste Wirkung. [Abb. 12]

[Abb.12]

Dichtungsprofil

01

Leiste mit Dichtungsprofil

02

Türblatt bestehend

03

Türfutter bestehend

04

Profilleiste, Deutscher Stab

05

Profilleiste, Viertelstab

06

Profilleiste, gefälzt

07

Profilleiste, gefast

Wärmedämmung

Muss eine historische Haustüre für heutige Ansprüche mit einer Wärmedämmung versehen werden, kann innen ein zusätzliches Türblatt oder Doppel montiert werden. Bei kunsthandwerklich hervorragenden Edelholztüren können diese mit einer Fräse mittig getrennt und mit einer dämmenden Zwischenlage versehen werden. [Abb. 13]

Ersatzblätter für Haustüren können konventionell mit Rahmen, Dämmung und Beplankung konstruiert werden.

Werden für Haustüren Halbfabrikate verwendet, haben sich Konstruktionen aus Leichtspanplatten mit Massivholzrahmen, Alu-Blecheinlagen und Hartfaser- bzw. Edelholzdeckblatt bewährt. Der Massivholzrahmen ist so breit zu wählen, dass Anpassungen an bestehende Türfutter und entsprechende Falzausbildungen möglich sind.

[Abb.13]

Türe massiv mit innerem Doppel, Archiv Bryan Signer, Trogen

Brandschutz und Schallschutz

Für heutige Ansprüche an Wohn- und Arbeitsräume gelten Brand- und Schallschutzschutzvorschriften bzw. Richtlinien. Mit fachgerechter Ertüchtigung oder Nachrüstung können historische Türblätter weiterverwendet werden. Die Methoden sind die gleichen wie für eine verbesserte Wärmedämmung.[Abb. 14]

[Abb.14]

Türe aufgefräst mit Brandschutz Einlage, Modell, Bach Heiden AG

Türe glatt

Einfache Türen zu Werkstätten, Lagerräumen oder Zimmern werden als glatte Türen mit Gratleisten konstruiert. Die Gratleisten halten die Bretter zusammen, verhindern das Verziehen der Türblätter und dienen gleichzeitig der Montage von Türbändern. [Abb. 15]

[Abb.15]

Türe glatt mit Gratleiste, Dorf 10, Hundwil

Türöffnung

Bis vor rund 250 Jahren wurden in einfachen Häusern Zimmer- oder Kammertüren mit einer hohen Schwelle und einem tiefen Sturz konstruiert. Die kleinen Türöffnungen verringerten das Abfliessen warmer Raumluft und hielten die kostbare Wärme in der Schlafkammer.

[Abb.16]

Zimmertüre mit hoher Schwelle und (ehemals) tiefem Sturz, Spiessenrüti, Teufen

Vergrösserung

Für heutige Ansprüche werden die Schwellen oft ausgebaut und Stürze höher angesetzt. Die Türblätter von kleinen Kammertüren können unten und oben angesetzt werden. So finden sie weiter Verwendung und können in vergrösserte Türöffnungen eingepasst werden.[Abb. 17]

[Abb.17]

Türe mit oberer Türverlängerung, Archiv Bryan Signer, Trogen

Gestaltung
Erster Eindruck

An Bienenhäuschen kommen zur Kennzeichnung des Eingangs nur Farben zum Einsatz. [Abb. 18]

Bei menschlichen Behausungen sind den Gestaltungsmöglichkeiten kaum Grenzen gesetzt. Türen sagen viel über die Menschen aus, die dahinter arbeiten und wohnen. Sie vermitteln einen ersten Eindruck der Eigentümer oder Bewohnerinnen. Neben den zeittypischen Stilmerkmalen prägen das Format, die Einteilung, die verwendeten Hölzer und Beschläge den Ausdruck.

[Abb.18]

Bienenhaus

[Abb. 19]

Haustüre verziert, Reutenenstrasse 8, Speicher

[Abb. 20]

Haustüre mit Glaseinsatz, Hauptstrasse 18, Teufen

[Abb. 21]

Haustüre mit Glaseinsatz und Gitter, Dorf 26, Speicher

[Abb. 22]

Zimmertüre 2-teilig gestemmt, Dorf 10, Hundwil

[Abb. 23]

Tenntor neu mit Deckelschalung und Glaseinsatz, Nord 5, Rehetobel

[Abb. 24]

Tennstor mit Heuladen hist., Uf em Berg 2176, Herisau

[Abb. 25]

Garage Kipptor, Hagtobel 295, Stein

[Abb. 26]

Garage Sektionaltor Holz, Unterdorfstrasse 12, Urnäsch

[Abb. 27]

Garage Sektionaltor Metall, Tüfenbergstrasse 3a, Urnäsch

Literaturhinweise

Hermann, Isabell. Die Bauernhäuser beider Appenzell. Herisau: Appenzeller Verlag, 2004.

Schlatter, Salomon. Appenzellerhaus und seine Schönheiten. Trogen, Appenzell Ausserrhoden: Heimatschutz Appenzell Ausserrhoden, 1986.

Steinmann, Eugen. Die Kunstdenkmäler des Kantons Appenzell Ausserrhoden. Basel: Birkhäuser Verlag, 1980.

Abbildungsverzeichnis
[Abb. 1-5,7-8,10,16,18-20,23-26]

Diverse Titel, 2023.
Bildarchiv Denkmalpflege Appenzell Ausserrhoden

[Abb. 6,21]

Diverse Titel, 2022.
Fotograf Martin Benz

[Abb. 9,11,12,14]

Diverse Titel, 2023.
E-Nachschlagewerk für das Bauen an historischen Häuser

[Abb. 13,17]

Diverse Titel, 2018.
Archiv Bryan Signer Trogen

[Abb. 15,22]

Diverse Titel, 2022.
Archiv Vera Marke, Foto Hannes Thalmann